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Teufelskreis

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 Wir Freiwillige haben uns in dem Theater des Kulturzentrums versammelt und erwarten mit Spannung Rogerio, den Bruder unserer Koordinatorin. Er arbeitet mittlerweile auch bei Monte Azul. Davor hat er Jugendliche in einem Gefängnis begleitet, welches zumindest in Sao Paulo nicht unbekannt sein soll. Er hat einen Beamer angeschaltet und zeigt uns zwei Bilder, die wir vergleichen sollen. Das wird sich in dieser Form durch den ganzen Vortrag ziehen. "Hier seht ihr Kinder. Das sind Kinder richtig?". Ich nicke instinktiv mit dem Kopf. "Diese Kinder scheinen Spaß zu haben, sie machen etwas Gutes oder?". Wir stimmen zu. Auf der Leinwand sieht man eine Gruppe Jugendlicher in einem Kreisspiel. "Und hier?" Er wechselt das Bild. "Auch Kinder, richtig?". Das Bild ist schockierend. Es zeigt eine Gruppe von Jugendlichen auf demselben Platz, nur dass es jetzt nachts ist, sie Banner in die Kamera zeigen und mit ihren Fakeln den Platz erleuchten. Er erzä

Über den Wolken ist die Freiheit grenzenlos

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Im Fallschirmspringen sah ich nie eine Beschäftigung, der man in seiner Freizeit nachgehen könnte. Ich verband damit größtenteils Fallschirmjäger bei militärischen Operationen oder Szenen aus Action Filmen, die dann später bei Galileo Fake-Check überprüft wurden. Als mein Freund mich letztens fragte, ob wir das gemeinsam machen würden, hatte ich demnach keine Vorstellung davon. War das so wie das gemütlich aussehende Paragliding, was ich in den Alpen gesehen hatte? Ohne zu Zögern sagte ich dennoch zu und war fasziniert von der Idee. Schließlich sah ich uns an einem Samstagmorgen an einem Flugplatz außerhalb Sao Paulos unsere Ausrüstungen anlegen. Unsere Begleitung ließ schon eine GoPro um uns kreisen und machte uns mit den Fakten vertraut. Der Absprung erfolgt aus 4.000 Höhenmetern, 40 Sekunden Freier Fall, Geschwindigkeit bis zu 200 km/h. Die Beine sollen nach hinten gerissen werden und der Kopf in den Nacken. Sonst kommt man wahrscheinlich ohne Beine unten an. Wir sitzen auf der L

Carnaval "à la Paulistano"

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Karneval ist in Brasilien das Jahresereignis Nummer eins. Die Vorbereitung dafür fängt zeitig an. Ob in Salvador (Nordbrasilien) oder in Florianopolis (Südbrasilien), überall bin ich in den Ferien auf Generalproben gestoßen. In Florianopolis war es eine etwa 50 Frauen starke Samba Gruppe am Strand, in Salvador eine Reggae Band im Stadtzentrum auf einem riesigen Platz. Doch bereits kurz nach meiner Ankunft hier in Brasilien wurde mir versichert, dass der Karneval in São Paulo auch einiges zu bieten habe. Das brachte mir wiederum in Salvador, dem Ursprungsort und Zentrum des Karnevals einigen Spott ein. Ich wurde immer wieder schief angeschaut, als ich beichtete, dass ich über Karneval nicht hier bleiben würde. Trotz dieser Umstände entschied ich mich letztendlich in Sao Paulo zu bleiben. Den Prä-karneval hatte ich etwas verpasst. Denn dieser begann schon knapp einen Monat vor dem offiziellen Beginn. Dennoch blieb mir am Ende eine Woche, 7 Tage, jeden Tag Karneval. Wie bereitet m

Regen

Kurz nachdem ich gestern zu Hause ankam, begann es urplötzlich in Strömen zu regnen. Die Regenzeit dauert hier schon einige Zeit an und das bekommt man zu spüren. Die Gewitter sind häufig und manchmal hagelt es. Der Regen war so dicht, dass er wie ein Vorhang über der Stadt hing. Schnell hatte sich ein Fluss über die Treppen an der Hausseite hinweg gebildet, der nach und nach unsere Veranda überflutete. Die Häuser sind so schon nicht besonders gut abgedichtet, doch durch einen Brand im Nachbarhaus wurde das Problem bei uns noch vergrößert. Der Regen bahnte sich seinen Weg in das Haus und lief unter der Tapete die Wände herunter. Notdürftig mussten wir den Boden und die Wände mit Bettlaken und Handtüchern auslegen. Das Schlafzimmer unserer Gastmutter stand unter Wasser. Wir haben überall Wassereimer aufgestellt. Letztendlich konnten wir nichts weiter tun, als das Ende des Regengusses abzuwarten. Nach einer knappen Stunde Platzregen tauchte die Sonne wieder auf. Der Wetterumschlag k

Integração

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Die knapp 250 Mitarbeiter bilden einen riesigen Kreis auf dem Platz vor dem Hauptgebäude vom Centro Cultural (Kulturzentrum). Noch vor dem gemeinsamen Frühstück finden alle einen Moment der Ruhe und wir sprechen gemeinsam einige besinnliche Worte. Bei den monatlichen Treffen erfahren wir, was inzwischen in den anderen Einrichtungen passiert ist. Monte Azul ist eine riesige Organisation, sodass man die Mitarbeiter z.T. echt nur einmal im Monat zu sehen bekommt. Das Theatergebäude platzt dann fast aus allen Nähten, wenn wir den Vorträgen zu Anthroposophie lauschen, gemeinsam gesungen wird oder wir Gastbeiträge hören. In kleineren Gruppen setzen wir uns tiefgründiger mit Themen wie z.B. Umweltbewusstsein, Farben aus Naturmaterialien oder Tänze außerhalb Brasiliens auseinander. Uns wurde schon im Vorfeld angekündigt, dass die letzte Zusammenkunft des Jahres immer etwas Besonderes darstellt. Allen war auch deutlich anzumerken, wie sie lockerer wurden, als hätten sie den ganzen Stress des

Weihnachtsstimmung

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Got that sunshine in my pocket. Die Musik tönt gerade aus einem Autoradio, dass bei knapp 35 Grad unter einem Baum im Schatten steht. Heute ist Sonntag der zweite Advent. Bei uns brennt allerdings keine Kerze. Außer letztens, als der Strom abends ausgefallen ist. Da haben wir zusammen im Kerzenschein mit unserer Gastmutter eine typische Kartoffelsuppe im Halbdunkel gekocht. Weihnachten schien mir noch nie so fern wie dieses Jahr. Wir haben einen Weihnachtsbaum aus Plastik im Wohnzimmer aufgestellt, etwas Lametta darüber und einige selbst gebastelte Holzanhänger. Meine Gastmutter macht diese Anhänger mit sehr viel Leidenschaft. Genauso wie sie leidenschaftlich gerne kocht. Sie hat schon vor einer Woche geplant, was wir zu Weihnachten essen werden. So wie sich das anhört, werde ich folgenden 2 Wochen damit über die Runden kommen. Weihnachten beginnt hier erst ab Mitternacht und ist damit faktisch erst am 25. Statt Tannenbäumen haben sich die Palmen ihren Platz im weihnachtlichen Stadtb

Konzert "Lar Refrata"

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Ich wusste zwar, dass ich nicht der einzige Görlitzer in Sao Paulo bin und ich stand auch im Kontakt mit Daniel Stosiek, als er dann plötzlich bei einer Orchesterprobe aufkreuzte, war ich dennoch positiv überrascht. Wir hatten uns davor einmal in Görlitz getroffen und ich hatte ihn in meiner Ahnungslosigkeit über Brasilien ausgefragt. Jetzt gab es doch schon ein komisches Bild ab, wie wir da so zusammen im Favela standen und über dies und das redeten. In den darauffolgenden Wochen ist Daniel dann immer wieder zu den Proben gekommen und irgendwie ist daraus die Idee entstanden, mit ihm und dem Orchester ein Konzert zu spielen. So kam es schließlich, dass wir am Sonntag in den Süden Sao Paulos gefahren sind, um dort in einem Waisenhaus für die Kinder und die Familien vorzuspielen. Das Waisenhaus "Lar Refrata" liegt völlig im Grünen an einem kleinen See ganz in der Nähe von Aramitan, wo Daniel arbeitet. Um dem Ganzen nochmal mehr einen brasilianischen Touch zu geben, hat Dani